Ausfall

Ich liege im Bett auf der Seite, lese noch was auf dem Handy.
Auf einmal merke ich, wie die Körperspannung weniger wird. Ich falle bei vollem Bewusstsein mit dem Gesicht auf die Matratze.

Der Körper schläft, das Bewusstsein nicht.
Ich kann den Körper nicht kontrollieren, bin wie gefangen. Der Geist schreit wie stumm gegen eine Glasscheibe.

Ich möchte rufen, der Mund bewegt sich nicht, die Stimme weil nicht tönen.

Ich will aufstehen, mich anders hinlegen, die Position ist unbequem. Es geht nichts. Doch! Der linke Zeigefinger. Und ein großer Zeh.
Noch immer schläft der Rest des Körpers. Kann ich den Arm bewegen? Die Hand zieht sich auf der Matratze entlang.

Dann der passende Winkel, der Arm bewegt sich mit.

Ich liege auf dem Rücken.

Der Körper ist wach.

30 Minuten später ist der Rettungswagen unterwegs.

Ich werde ins Krankenhaus gefahren. Es ist voll. Sehr voll.

„Sie bleiben diese Nacht auf jeden Fall in der Notaufnahme, das Krankenhaus hat keine Betten frei.“, wird zu einer anderen Patientin gesagt. Neben mir schläft jemand mit Zugang in einem Bett auf dem Flur.

Auf einmal werden die Muskeln wieder schwach, der Körper sackt zur Seite weg. Ich liege halb auf der Lehne des Stuhls.

Kann nix bewegen. Ich höre wie meine Kleidung über das Kunstleder rutscht, spüre den Widerstand. Stück für Stück rutscht der Körper weiter.

Das Handy gleitet mir aus der Hand, landet auf dem Boden.

Personal kommt, setzt mich wieder hin. Ich bin wieder wach.

Minuten vergehen, Stunden. Eine Nacht durchzumachen, hatte ich mir anders vorgestellt.

Dann endlich. Ich werde aufgerufen. Komme in ein Behandlungszimmer.

„Ich bin gleich bei Ihnen“, sagt die Ärztin zu mir. Wieder drückt jemand den Ausschalter. Wieder gleite ich zur Seite. Wieder bin ich bei Bewusstsein. Und wieder kann ich mich nicht bewegen.

Ich werde wach, bevor die Ärztin zurück kommt. Dann werde ich untersucht. Ich spreche lange mit der Ärztin. Obwohl – anfangs reiche ich ihr nur, was ich der Liebsten schrieb. (Den Anfang dieses Beitrags). Sprechen geht noch nicht.

Ich erzähle die Geschichte der letzten zwei Jahre. Von der Infektion, LongCovid, der Fatique, den Arztbesuchen.

Sie telefoniert mit einer anderen Kollegin, nimmt Blut ab.

Die Kollegin kommt. Prüft auf Schlaganfall. Negativ.

Die Standardblutuntersuchung ist unauffällig.

Wir besprechen lange die Verdachtsdiagnose. Ich bekomme Handlungsempfehlungen für die Ärzte mit.

Ein Kopf-MRT soll noch einmal gemacht werden.

Ich bekomme meine Papiere. Mir wird ein Taxi gerufen. Nach Hause.

Ich fühle mich sicher.

Um 5.00 Uhr morgens bin ich wieder zu Hause. Die Liebste und der Hunde warten auf mich.

Schlafen. Endlich schlafen.

Ohne mir selbst dabei zuzuschauen.

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